Interkulturelle Kompetenz in der Beratungsarbeit - Die eigene "kulturelle" Brille absetzen


Menschen aus anderen Ländern, die nach Deutschland kommen, treffen hier auf eine differenzierte Beratungslandschaft, die sie aus ihren Ländern oft nicht kennen. Der Kontakt mit den beratenden Personen ist häufig für sie ein Novum. Sie können die Aufgaben, Funktionen und Kompetenzen dieser Stellen nicht einschätzen.

Im Rahmen der Interkulturellen Woche 2018 hat das Kommunale Integrationszentrum Kreis Gütersloh eine Qualifizierung zur Interkulturellen Kompetenz in der Beratungsarbeit mit Sandra de Vries, interkulturelle Trainerin aus Münster, durchgeführt. Das Interesse an einer solchen Qualifizierung ergab sich im Rahmen des bestehenden Netzwerkes der Beratungsdienste für den Bereich Migration und Integration im Kreis Gütersloh.

Der Erfolg einer Beratung hängt entscheidend davon ab, ob das Gegenüber die beratende Person in ihrer Beraterrolle akzeptiert. "Um sich mit 'Anderen' zu beschäftigen, muss man wissen, wer man selbst ist", so Sandra de Vries. Wenn ich weiß, welche 'kulturelle' Brille ich trage, kann ich die richtigen Fragen stellen, um den Gegenüber abzuholen und in seinen Themen und Anliegen zu beraten.

Anhand einer Übung haben die 20 Teilnehmenden aus den verschiedenen Beratungsdiensten (Flüchtlingsberatungsstellen, Soziale Begleiter in den Integrationskursen, Integrationsagentur und städtische Mitarbeiter) die eigene kulturelle Identität reflektiert.

Die inneren Bilder, die wir mit uns tragen, wurden auch thematisiert. Der Mensch braucht Vorurteile, um seine Umwelt zu sortieren, aber diese müssen immer wieder hinterfragt und überprüft werden. Dem Anderssein Raum zu geben, war eine wichtige Botschaft der Referentin.

Viele Menschen aus anderen Kulturen benötigen zu Beginn der Beratung den sogenannten Small-Talk, um eine soziale Beziehung aufzubauen. Sie kommen selten aus einer Gesellschaft, die frontal beraten wird. Sich für die Person als Mensch zu interessieren, ist, um Vertrauen zu gewinnen, unabdingbar.

In vielen Kulturen darf nicht jeder über alles reden. Auch der direkte Blickpunkt ist manchmal nicht erwünscht. In kollektivistischen Gesellschaften übernehmen Familienmitglieder die Vertretung von einzelnen Personen.

Die Berater bekamen von Sandra de Vries wichtige Tipps, um die Rahmenbedingungen für eine gute und erfolgreiche Beratung zu gestalten. Grundsätzlich können viele Informationen über das hiesige System nicht vorausgesetzt werden. Umso wichtiger ist es, mit Hilfe von Dritten (z. B. Sprach- und Kulturvermittlern) den Beratungsdienst oder die soziale Dienstleistung immer wieder vorzustellen. Wenn der beratenden Person nicht gelingt, das hiesige System im Ansatz zu vermitteln und eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, ist die Beratung zum Scheitern verurteilt.

Die Bereitschaft zum Perspektivenwechsel und eine trainierte Haltung zur Offenheit und Respekt sind die Schlüsselkompetenzen für eine interkulturelle Beratung.

Nelson Rodrigues
Nelson Rodrigues

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