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Fachtagung Jugendamt
Auf der Suche nach dem besten Vormund
Thematisch stand bei der Fachtagung die Reform des Vormundschaftsrechts im Vordergrund. Das Gesetz wird zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Schon seit der ersten Stufe der Reform in 2011 darf ein Amtsvormund für maximal 50 Kinder und Jugendliche verantwortlich sein und muss diese in der Regel einmal im Monat besuchen. Das Jugendamt ist verpflichtet, für die Führung von Amtsvormundschaften eine hinreichende Anzahl qualifizierter Fachkräfte vorzuhalten, sogenannte ‚Amtsvormünder‘. Darüber hinaus wird den Kindern und Jugendlichen künftig mehr Verantwortung und Mitspracherechte übertragen: Sie sollen bei wichtigen Entscheidungen und bei der Auswahl oder dem Wechsel des Vormundes beteiligt werden. Der Vormund wird gesetzlich dazu verpflichtet, mit den anderen beteiligten Fachleuten wie Pflegeeltern, Erziehern und Ärzten zusammen zu arbeiten. Verschärft wird auch die Haftung und die Aufsicht über den Vormund durch das Familiengericht. Das Gesetz benennt die Eignungskriterien für Vormünder konkreter, ehrenamtliche Personen sollen Vorrang vor Amtspersonen haben. „Über allen Anforderungen steht das Ziel, den besten Vormund für das Kind zu finden“, resümiert Uwe Klösters, Jugendamt des Kreises Gütersloh.
Kreis geht eigenen Weg
Fachkräftemangel, Personalnot und die finanzielle Situation erschweren den Jugendämtern die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. Der Kreis Gütersloh ist aus diesen Gründen bereits vor Jahren einen anderen Weg gegangen. Aus der Personalnot heraus wurde nach und nach ein Pool an geschulten, selbstständigen Berufsvormündern gebildet. Dieser besteht aus Sozialarbeitern, Pädagogen und Juristen mit Zusatzqualifikationen. Derzeit kann das Jugendamt rund 30 Berufsvormünder an Kinder und Jugendliche vermitteln – je nachdem welcher Vormund am besten passt. „Es ist beruhigend, dass wir eine große Auswahl haben und entscheiden können, welches Kind welchen Vormund bekommt. Wichtig ist, dass die Chemie zwischen den beiden stimmt“, so Klösters. Die für Vormundschaften verantwortlichen Mitarbeitenden haben sich unter der fachlichen Leitung von Klösters zu einer regionalen Facharbeitsgruppe zusammengeschlossen. Gemeinsam erarbeiten sie Qualitätsstandards, wählen neue Vormünder aus und bieten gegenseitigen Fachaustausch sowie Beratung an.
‚Gütersloher-Modell‘
Das ‚Gütersloher-Modell‘ für die Zusammenarbeit mit Berufsvormündern gibt es bereits seit 20 Jahren – gleichzeitig ist die Fachtagung also auch eine kleine Jubiläumsfeier. Auch die Jugendämter der Städte Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Verl haben das Verfahren übernommen. Bundesweit hingegen ist das Modell nicht sehr weit verbreitet, in vielen Jugendämtern gilt das klassische System der Amtsvormundschaften.
Als Referentin zur Fachtagung war Antje Fasse vom Landesjugendamt Westfalen-Lippe eingeladen, die den Teilnehmenden die Inhalte des neuen Vormundschaftsrechts vorstellte und erklärte, was sich für das Jugendamt ändern wird. „Die Fachdienste im Jugendamt müssen gut miteinander kooperieren. Das wiederholt sich immer wieder im neuen Vormundschaftsrecht“, erklärt Fasse. Für viele Anforderungen des neuen Rechts sieht sie den Kreis Gütersloh mit dem Verfahren bereits auf einem guten Weg: So auch bei der Auswahl geeigneter Vormünder und der Einbeziehung der Kinder. Für die vom Gesetzgeber geforderte gezielte Förderung von ehrenamtlichen Vormundschaften müssen die Strukturen auf Kreisebene jedoch erst noch entwickelt werden. Dazu gab es bei der Tagung wertvolle Hinweise und Anregungen. „Wir haben uns darüber hinaus weitere Ziele gesetzt: Die Zusammenarbeit mit den Gerichten weiter entwickeln, Beratungsstrukturen optimieren, Personalbedarfe ermitteln und organisatorische Veränderungen umsetzen“, so Klösters.
Zum Thema: Übertragung von Vormundschaften
Wenn Eltern mit der Verantwortung für ihre Kinder überfordert sind, müssen die Kinder manchmal aus ihrer gewohnten Umgebung herausgenommen werden und ihr neues Zuhause bei Pflegeeltern oder in stationären Einrichtungen finden. Wenn dies gegen den Willen der Eltern durchgesetzt werden muss, kann das Familiengericht die elterliche Sorge entziehen und auf einen Vormund oder Pfleger übertragen. In der Regel sollte die Vormundschaft vorrangig auf ehrenamtliche Personen übertragen werden, idealerweise aus dem sozialen Umfeld des Kindes. Wenn das nicht möglich ist, wird die Vormundschaft an das Jugendamt übertragen. Das Jugendamt ist dann in der Verantwortung, einen geeigneten und qualifizierten Vormund für das Kind zu suchen.