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Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen in Burtnieki und Koceni
Gütersloh/Valmiera, 19.07.2018. Die Delegation aus dem Kreis Gütersloh besuchte bei der diesjährigen Reise in die Partnerregion Valmiera (Lettland) zwei Projekte zur Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen: In der Gemeinde Koceni wird aktuell eine Werkstatt für Behinderte aufgebaut, in Burtnieki gibt es bereits seit einigen Jahren ein Wohnprojekt.
Die Überlegungen für die Werkstatt in Koceni waren in der Gemeinde aufgekommen: In der Region haben Absolventen der Förderschulen im Anschluss Schwierigkeiten einen Job zu finden. 60 Schüler in zwei Förderschulen gibt es derzeit. "Als Vorbild für das neue Projekt diente die Gütersloher Werkstatt für Behinderte des Wertkreises", erklärte Kocenis Bürgermeister Janis Olmandis. Als geeignete Räumlichkeit fand sich ein Gebäude aus der Sowjetzeit, das aktuell renoviert und ausgebaut wird. "Viele Ideen und Tipps erhielten wir aus dem Kreis Gütersloh."
Ab September soll es losgehen: Aufgebaut wie eine Art Tagesstätte, in der die Menschen tagsüber betreut werden und ihre Tätigkeiten ausüben. Dies kann Gartenpflege sein, nähen oder verpacken. Dabei hoffe man auf viele Aufträge von Betrieben aus der Umgebung. "Wir möchten den beeinträchtigten Menschen durch ihre Arbeit zu einer sozioökonomischen Unabhängigkeit verhelfen", ergänzte der Bürgermeister. Neben den 20 neuen Arbeitsplätzen können Hausarbeitsräume in der Förderschule genutzt werden, zum Beispiel um Marmelade vorzubereiten oder Gemüse für den Winter einzumachen. Auch einen Nähraum für die Mädchen gibt es und eine Werkbank für die Jungen - der Unterricht ist klar zwischen den Geschlechtern getrennt. Es gibt aber gelegentlich Ausnahmen, wo einzelne Mädchen den Werkunterricht besuchen dürfen. Insgesamt ist der Aufbau kein einfaches Unterfangen: "Wir müssen dem Ministerium in Riga beweisen, warum wir sowas machen wollen". Dafür habe man Fotos aus dem Kreis Gütersloh gezeigt, was sehr geholfen habe. Olmandis wünscht sich auch zukünftig einen Erfahrungsaustausch mit dem Kreis. Und so gab es während des Besuchs gleich die Überlegung, die Delegation im nächsten Jahr um Fachkräfte aus dem Bereich zu erweitern.
Auch die Finanzierung gestaltet sich nicht ganz einfach. Zwar erhält die Gemeinde beispielsweise für Werkzeuge und Anlagen Geld vom Staat. Bürgermeister Olmandis hofft jedoch auf weitere Unterstützung von heimischen Betrieben, denn dann könnte man auf Mittel von der EU hoffen. Allerdings sei es schwierig Firmen zu finden, da sich mit der Einrichtung kein Gewinn erzielen lässt.
Eine ähnliche Einrichtung gibt es in der Großgemeinde Burtnieki. In einer Werkstatt für Behinderte leben zehn Jugendliche mit unterschiedlichen Behinderungen und die Mitarbeiter zusammen. Sie bilden eine eigene Gesellschaft, in der alle Mitglieder die gleichen Rechte haben. Geführt wird die Einrichtung nach der Camphill-Philosophie. Es handelt sich dabei um eine heilpädagogische Initiative, die auf den Prinzipien der Anthroposophie basiert.
Auf dem 33 Hektar großen Gelände ist reichlich Platz für Werkstätten, Milchkühe, Gemüsegärten und Kornfelder. Auch Tee und Naturprodukte werden hergestellt. Denn so ziemlich alles, was auf dem Hof gegessen und getrunken wird, wird auch dort gemacht. Das Hauptgebäude ist ökologisch gebaut − Hauptbestandteil ist Stroh. Möglich ist das Projekt durch Spenden und viel ehrenamtliche Arbeit.
In dem Werkstattgebäude, das ursprünglich mal ein Supermarkt in Norwegen war und auf dem Hof nun seinen zweiten Lebensabschnitt erlebt, werden zum Beispiel Hefte für Waldorfschulen in Lettland und Estland produziert - rund 10.000 Stück pro Jahr. Und so sind die Tage gut durchgeplant: Von der gemeinsamen Stallarbeit am frühen Morgen, über Frühstück, Arbeitsbeginn, Mittagsruhe bis zur abendlichen Versorgung der Tiere und Freizeitaktivitäten. Die Arbeit soll nicht nur produktiv sein, sondern auch die geistige und körperliche Gesundheit fördern.